Hallo zusammen,
mein Bericht vom 24H Rennen Nürburgring ist schon seit 7 Tagen überfällig – Entschuldigung dafür, ich hatte einfach keine Zeit. Schon Montag und Dienstag direkt nach diesem Mega-Event ging es mit meiner Sendung Fast Lap (Auto Motor und Sport Channel) nach Mendig zu Dreharbeiten.
Ich war etwas müde und niedergeschlagen, aber zu den Gründen später mehr. Vor Ort hatte ich zwei wunderschöne Autos. Einmal den Bentley GT3 R – das ist die Straßenversion unseres Bentley Continental GT3 als Rennauto – limitierte Auflage von 300 Stück – ein traumhafter Anblick! Beim Rennauto handelte es sich um die Startnummer 85 unserer Teamkollegen, unser Auto hätte in diesem Magazin kein so gutes Bild mehr abgeben können – der ist beim 24H Rennen in der Nacht leider verunglückt. Dazu später mehr…
Zwei ganz herrliche Autos standen da so friedlich vor mir, der Racing-Grüne hatte noch reichlich Resttemperatur in sich. Zwar hatten meine Kollegen unfallbedingt fünf Stunden Pause, aber anschließend gehörte dieses Auto absolut zuverlässig laufend zu den schnellsten im 24H Feld. Das lässt für die Zukunft hoffen, denn jeder Kilometer zählt für uns. Wir lernen ja noch!
Über das Fahrerlebnis im Bentley GT3 R, der limitierten Straßenversion, kann und will ich noch nicht so viel erzählen. Zunächst schneiden und vertonen meine lieben Kollegen von Fast Lap den Beitrag, aber es war ein toller Tag mit einem sehr seltenen Auto. Ich habe ihn genossen, ein spezielles Fahrerlebnis inklusive!
Kommen wir zum 24H Rennen: Fliegende Rennautos nur auf der Nordschleife?
Unser Nürburgring erlebt seit Jahren nichts Gutes, die Zukunft mehr als ungewiss, mit den neuen Sicherheitsmaßnahmen kommt erneut viel Gesprächsstoff hinzu. Ich habe im TV mehrfach meine Meinung kundgetan und möchte darauf nicht mehr weiter eingehen. Es geht auch nicht um meine Meinung. Ich denke, man muss sich mit Fakten beschäftigen, auch wenn es schwer ist!
Eines ist klar belegbar: Rennautos, egal welcher Kategorie, egal auf welcher Rennstrecke, können, wenn es unglücklich abläuft, sehr hoch und sehr weit fliegen! Das Netz ist voll von haarsträubenden Filmsequenzen, fast immer stockt einem der Atem, fast immer ist viel Glück im Spiel! Was tun wir, wenn das alles auf einer normalen GP-Strecke passiert – und das ist schon öfter passiert! Was dann?
Ich stelle nicht in Frage, dass die Autos auf der Nordschleife verdammt schnell sind, hier muss man mit Bedacht ansetzen und eine Lösung suchen. Aber hieraus jetzt ein Nordschleifenproblem zu machen, da sind wir klar auf dem falschen Weg. Auf fast jeder Rennstrecke sind Tribünen in unmittelbarer Nähe zum Streckenrand, da kommt jeder FIA-Zaun an seine Grenzen – denkt mal darüber nach…
Ich habe es weiter oben ja schon angedeutet, mein Bentley ist beim 24H Rennen im Bereich Bergwerk in den frühen Morgenstunden irreparabel verunglückt. Mein Teamkollege Jeroen Bleekemolen hatte das Pech, unser Auto auf einer feuchten Stelle zu verlieren. Zu diesem Zeitpunkt, aber auch schon zuvor, ist das ganz vielen passiert. In der Nacht war es sehr kalt, dann die ständigen Code 60 Phasen und diese immer wieder feuchten Abschnitte. Die Reifen kühlen aus und bieten urplötzlich keinen Grip mehr. Hinzu kommt, dass der seit wenigen Jahren verwendete neue Asphalt sehr dunkel ist, selbst am Tag ist eine feuchte Fahrbahn nur schwer zu erkennen.
Alles Faktoren, die es wirklich nicht einfach machen. Mein Teamkollege Lance David Arnold und ich machen Jeroen absolut keinen Vorwurf und werden zu jeder Zeit sofort wieder mit ihm starten. Wir kennen ihn seit Jahren als einen der schnellsten und zuverlässigsten Rennfahrer auf der Nordschleife. Manchmal trifft es auch die Besten, der Mann hat in den letzten zwei Jahren auf dem Podium gestanden und in 2013 sogar gewonnen! Außerdem ist er ein feiner Kerl, generell ist das auch Grund, warum ich die Tage nach dem Rennen so enttäuscht war. Mir tat es hauptsächlich für Bentley und unserem Team so leid, denn der Teamspirit war erstklassig. Wir hätten die Erfahrung aus dem Rennen so dringend gebraucht!
That’s Racing!
Ganz ehrlich, ich war die ganze Woche am Nürburgring angenehm überrascht, unser Auftritt beim 24H Rennen hat bei den Fans nur für positives Echo gesorgt. Nicht eine negative Stimme – wir waren für die Fans „anfassbar“. Und wann kommt man einem Bentley schon mal so nahe? Das hat wohl allen sehr gefallen!
Aber auch innerhalb des Teams war die Atmosphäre total locker und begeisternd. Jeder hatte Spaß an diesem Event und war mit viel Enthusiasmus dabei. Das erkennt man auch daran, dass z.B. unser Chef, Dr. Wolfgang Dürheimer, zusammen mit weiteren Vorständen von Bentley mehrere Tage an unserer Seite und in der Box verbracht haben, bewaffnet mit Notizblock und Kugelschreiber. Denen ist nichts entgangen, das sind alles echte Racer und mit ganz viel Herzblut in dieses Projekt involviert.
Gleiches gilt für das gesamte Team, ein Mix aus HTP- und M-Sport-Mechanikern, alles echt coole Typen, schrauben wie die Teufel, lieben ihren Sport – so muss das sein! Wir waren echt ’ne feine Truppe!
Zu Beginn des Rennens lagen wir immer in den Top-5 mit Anschluss an die Spitze. Leider hatten wir eine defekte Tanksäule, eine Technik, die nicht in unseren Händen lag. So verlierst Du ganz schnell etwas den Anschluss an die Spitzengruppe. Bis zu unserem Ausfall lagen wir auf Position 8 – die Bedingungen waren wirklich schwierig.
Ich glaube mich da draußen ganz gut auszukennen, aber bei diesen Mischbedingungen brauchst du auch etwas Glück und alle deine Sinne. Um mich herum sind die Autos reihenweise abgeflogen, es ist um diese Jahreszeit nicht nur den Zuschauern kalt, auch die Reifen, Herstellerunabhängig, frieren da etwas…
Am Ende kam das Team HTP mit dem dritten Bentley noch auf P8 – die haben genau das gemacht, was wir auch machen wollten: durchfahren und keine Fehler machen. Aber ganz so einfach ist es halt nicht.
Fazit: Trauriges Ende, aber trotzdem sehr viel gelernt! Wir haben eine sehr gute Basis und waren richtig schnell. Es gab in den letzten Jahren keinen „Neuling“, der auf Anhieb gewonnen hat, mit jedem Event wirst Du besser und schneller, lernst immer wieder die Besonderheiten der Nordschleife kennen. Ich hoffe, es geht auch in 2016 mit dem 24H Nürburgring Projekt weiter. Ich wäre gerne wieder dabei, nicht nur um den guten Teamspirit zu genießen…
Bis bald
Euer Christian